Hintergründe
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Demokratie eröffnet Mitwirkungs- und Teilhabemöglichkeiten an gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozessen sowie politischen Entscheidungen, die uns alle betreffen. Gleichzeitig weist sie ihren Bürgern auch ein hohes Maß an Verantwortung zu. Die weltweit zu konstatierenden populistischen Tendenzen der letzten Jahre machen aber auch deutlich, dass demokratische Institutionen und Rechtsstaatlichkeit auf Dauer nur bestehen können, wenn sie von einer demokratischen Kultur getragen werden. Demokratie muss von Menschen gelebt werden. Dann ermöglicht die Demokratie konstruktiven Streit und friedliche Konfliktbearbeitung – mit Entscheidungsmechanismen, die Minderheiten schützen und die Möglichkeit zukünftig sich verändernder politischer Mehrheiten und die Korrektur einmal getroffener Entscheidungen ausdrücklich vorsehen. Den Wert der Demokratie und damit einhergehende Chancen und Verantwortung müssen immer wieder aufs Neue erfahren und erlernt werden. Rechtspopulistische und extremistische Strömungen sowie vielfach kursierende Verschwörungstheorien befördern ein Klima der Geringschätzung gegenüber der Demokratie, ja der Demokratieverachtung (Mounk 2019).
Insofern ist die Förderung des Verständnisses für demokratische Prozesse und das Erlernen demokratischer Mitwirkung gerade in der heutigen Zeit aktueller denn je. Damit Kinder und Jugendliche Demokratie nicht nur als hohle Phrase kennenlernen, braucht es Orte an denen dieses gelernt und geübt werden kann. Dort können junge Menschen mit den demokratischen Eigenheiten, Pflichten und Rechten vertraut gemacht werden. Schulen haben eine wichtige Vermittlungsfunktion hinsichtlich demokratischer Prinzipien, geschichtlicher Erfahrungen und politischer Relevanz und Arbeitsweise der Demokratie. Dies spiegelt sich in dem wachsenden Interesse an Demokratiepädagogik wider.
Allerdings reicht es nicht aus, lediglich abstraktes Wissen in der Schule dazu zu vermitteln. Es braucht Lernräume, die Erfahrungen vermitteln und in denen Demokratie gelebt werden kann.
Im Leitfaden Demokratiebildung des Landes Baden-Württemberg (2019, S. 11) werden als zentrale Ziele und Kompetenzfelder der Demokratiebildung genannt:
- „(Re-)Integration in rationale Diskurse: Eine kritische und zugleich angemessene Auseinandersetzung mit Demokratie und Widersprüchen zwischen Normen und Wirklichkeit basiert auf Fakten und nachvollziehbaren Argumenten. Darin liegt auch die Basis für einen konstruktiven Umgang mit Streit und Interessengegensätzen.“
- „Positive Selbstkonzepte und Beteiligungskompetenzen: Selbstbewusstsein und das Gefühl der Selbstwirksamkeit stehen in einem wechselseitigen Zusammenhang zu Beteiligungsmotivationen und Beteiligungskompetenzen. Soziale Teilhabe und politische Beteiligung stiften sozialen Zusammenhalt und stärken die Identifikation mit Demokratie.“
- „Identitätsangebote abseits von Abwertungsideologien: Identitätsbildung auf Basis gemeinsamer Werte oder transnationaler Bezugspunkte (z. B. Vielfalt in Europa) bildet eine Basis für die Akzeptanz von Gleichwertigkeit. Sie kann affektive Bezüge und die Verbundenheit zum Herkunftsland/zur Herkunftsregion ergänzen“
- „Sozialkompetenz: Gesellschaftlicher Zusammenhalt basiert auf einem Grundkonsens über demokratische Werte und verlangt gegenseitigen Respekt, Ambiguitätstoleranz, Empathiefähigkeit, Offenheit und interpersonelles Vertrauen.“
- “Medienkompetenz: Mündige Bürgerinnen und Bürger benötigen die Fähigkeiten, Informationen zu sammeln, einzuordnen und angemessen zu bewerten. Medienkompetenzen wirken einer einseitigen Sicht und unreflektierten Parteinahme entgegen und stärken die Fähigkeit, sich in seiner Position für andere sichtbar zu machen.“
Die Institution Schule wird sich in diesem Sinne weiterhin selbst verändern müssen. Damit dies passieren kann, müssen Schüler*innen die bestehenden demokratischen Mitbestimmungs-möglichkeiten kennen und nutzen.