Hintergrund:
Das Schulprojekt "Vorfahrt für Vielfalt Fokus Israel-Palästina" wurde als Reaktion auf den schrecklichen Terror-Angriff der Hamas am 7.10.2023 und anschließende Auseinandersetzungen auf deutschen Straßen und in Schulen initiiert. Der Israel-Palästina-Konflikt ist eine Projektionsfläche für antisemitische, aber auch für rassistische Stereotype und Vorurteile. Eine interreligiöse Projekt-
gruppe der Region Braunschweig äußerte in einem Zeitungsinterview am 16.11. ihre Bereitschaft, gemeinsam mit Lehrkräften geeignetes Bildungsmaterial zu sichten und für die Praxis nutzbar zu machen. 12 Schulen der Region zeigten großes Interesse an einer Zusammenarbeit.
In der Erarbeitung geeigneter Unterrichtsentwürfe sichtete das Team unterschiedlichste Materialien aus verschiedenen Kultusministerien in Niedersachsen, Berlin-Brandenburg, NRW.
Besonders inspiriert hat das Team die Berliner Initiative von Shai Hoffmann und Jouanna Hassoun, die seit Jahren unter dem Namen „Bildungsvideos Israel-Palästina“ umfangreiches herunterladbares pädagogisches Material herausgegeben hat. https://www.israelpalästinavideos.org
Zielgruppe:
Das Projekt ist für Schulklassen ab der 9. Jahrgangsstufe der Schulformen HS, RS, GS, IGS, Gymn, BBS konzipiert.
Ziele des Projekts:
Das Projekt beschäftigt sich daher mit der Ermöglichung eines „braver space“[1] für Schüler:innen, sich mit den Hintergründen und Auswirkungen des Konflikts Israel -Palästina in ihrem (Schul)-Alltag in Deutschland auseinander zu setzen. Das Projekt verbindet Emotionen mit Reflexionen, fördert die Ambiguitätstoleranz und stärkt die Schüler*innen gegen einseitige Narrative, Fake News und Hass-Eskalation. Im Projekt geht es NICHT um eine politische Positionierung oder einseitige Parteinahme zum Konflikt, sondern um die exemplarische Behandlung zentraler Themen wie Identität und Zugehörigkeit, Recht und Gerechtigkeit, Teilhabe und Repräsentation und gesellschaftliche sowie religiöse Vielfalt in deutschen Schulen. Antisemitismus und Rassismus werden ebenso zusammengedacht wie die Präsenz jüdischen, muslimischen, christlichen und säkularen Lebens in Deutschland.
Die Unterrichtseinheiten:
Durch die Eröffnung emotionaler und reflexiver Zugänge in UE I (Konfliktstuhl, Emotionsmemory), durch die Erarbeitung von historischen Fakten sowie Darstellung unterschiedlicher israelischer sowie palästinensischer Narrative in UE II (Bilder und Texte zur Geschichte) wird die Ambiguitätstoleranz der Schüler*innen gestärkt. Darüber hinaus entwickeln die Jugendlichen eine kritische Haltung zu Fake-News UE III (beispielhafte Bildrecherche zum Nahost-Konflikt) und nutzen das direkte Gespräch mit kompetenten Gesprächspartner:innen aus interreligiöser Perspektive UE IV (Schulbesuch Projektteam).
Warum interreligös?
Das Team versteht den Israel-Palästina Konflikt als einen politischen Konflikt, der allerdings seit langer Zeit religiös aufgeladen ist und auch heute von religiösen Fundamentalist:innen auf beiden Seiten missbraucht wird. Daher wird in der konkreten Arbeit in der Schule zwischen historischer Analyse unterschiedlicher Narrative und der Aufladung durch religiöse Faktoren unterschieden.
Dem interreligiösen Team ist es wichtig, in der gemeinsamen Arbeit mit den Jugendlichen gegen jede Form der Hassredevorzugehen und für die Betonung der friedensfördernden Elemente der Weltreligionen und des säkularen Humanismus im Sinne der „Goldenen Regel“ (H. Küngs „Weltethos“) einzutreten.
Förderung und Kosten:
Das Projekt wird durch das gemeinsam von dem Zentralrat der Juden, dem Koordinationsrat der Muslime und der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland betriebene und mit Mitteln des Bundesinnenministeriums ausgestattete Projekt „Weißt Du Wer Ich bin?“ gefördert. https://www.weisstduwerichbin.de. Die Aufwandentschädigung für einen 2-stündigen Unterrichtsbesuch betragen derzeit € 200,00 + Fahrtkosten. Die Abrechnung erfolgt durch die Ev.-luth. Propstei Braunschweig (Kontaktadresse siehe unten).
Resonanz:
Bisher wurden Schulbesuche in einer 2-stündigen Einheit in einer 9. Klasse einer Realschule in Gifhorn, einer Podiumsveranstaltung mit 150 Schüler:innen im Hoffmann von Fallersleben Gymnasium, einem ganzen Projekttag von 4 Unterrichtseinheiten in der Neuen Oberschule in Braunschweig, einer 8. Klasse in der Adolf-Grimme Gesamtschule Goslar, dem 10. Jahrgang des Martino-Katharineums Braunschweig und Schüler:innen der Carl-Hahn Berufsbildenden Schule Wolfsburg durchgeführt. Die derzeit eingegangenen schriftlichen und mündlichen Rückmeldungen der Schüler:innen sind ausgesprochen positiv und ermutigend. Mit weiteren Schulen sind bereits Termine vereinbart.
Hinweis zum Selbstverständnis:
Die externen Teammitglieder verstehen sich NICHT als Nahostexpert:innen, sondern als lernendes pädagogisches Team. In Hintergrundgesprächen mit palästinensischen und israelischen Ansprechpartner:innen in Deutschland werden divergierende Perspektiven und Konfliktpunkte angesprochen und diskutiert. Zudem arbeitet das Team arbeitet an einer Erweiterung durch päd. Fachkräfte und Mitarbeitende mit einer antirassistischen und konflikt-kompetenten diskriminierungskritischen Ausrichtung.
[1] Braver Spaces sind [...] Räume, die die Nutzer*innen dazu ermutigen wollen, sich bewusst aus der Komfortzone herauszubewegen und Risiken einzugehen” (Debus/Saadi 2023)